Gastartikel von Helga Murdunescu

Hypothese 1 (No-effect-Hypothese)

Die risikoadjustierte Rendite negativ- und positiv gescreenter Portfolios entspricht der risikobereinigten Rendite des Marktes. Das ist dann der Fall, wenn Corporate Social Responsibility (CSR) keine Kosten verursacht. CSR ist in diesem Fall nichts weiter als ein Lippenbekenntnis. Hypothese 1 ist auch erfüllt, wenn sich Kosten und Ertrag von CSR entsprechen oder wenn Investoren die Kosten unterschätzen. Corporate Social Responsibility (CSR) generiert so ganzheitlich betrachtet keinen ökonomischen Mehrwert für Unternehmen und wird von den Marktteilnehmern nicht eingepreist.

Hypothese 2 (“Doing good while doing well”-Hypothese)

Anleihenportfolios von Unternehmen mit hoher ESG-Wertung erzielen eine höhere risikoadjustierte Rendite als Anleihen von Unternehmen mit niedriger ESG-Wertung. Daraus folgt, dass nachhaltige Unternehmen einen relativen Wettbewerbsvorteil gegenüber den Konkurrenten besitzen, der sich erst in der Zukunft manifestiert und (noch) nicht von den Marktteilnehmern erkannt oder unterschätzt wird. Als mögliche Wettbewerbsvorteile kommen in Frage: Eine höhere Unternehmensreputation, einer höhere Input-Output- oder Ressourceneffizienz und eine bessere bzw. visionäre Unternehmensführung.

Hypothese 3: (“Doing good but not well”-Hypothese)

Anleihenportfolios von Unternehmen mit niedrigerer ESG-Wertung erzielen eine höhere risikoadjustierte Rendite, als Anleihen von Unternehmen mit hoher ESG-Wertung. Ist Hypothese drei erfüllt, sind zwei Szenarios denkbar.

  1. Die Kosten von CSR übersteigen ihren Ertrag. CSR vermindert damit shareholder wealth und die risikoadjustierte Rendite dieser Wertpapiere sinkt relativ zu konventionellen Unternehmen.
  2. Der Anteil von SRI Anlegern ist ausreichend groß, um den Marktpreis zu beeinflussen. Dies führt zu einem Nachfrageüberschuss von nachhaltigen Anleihen und zu einen Angebotsüberschuss von weniger nachhaltigen Anleihen. Dementsprechend sinkt die Rendite von Anleihen von Unternehmen mit hoher ESG-Wertung relativ zu Unternehmen mit niedriger ESG-Wertung.

Hypothese 4 (Shunned-Stock-Hypothese)

Negativ gescreente Portfolios erzielen eine höhere risikoadjustiere Rendite als der Markt, vorausgesetzt ein ausreichend großer Anteil von SRI Investoren boykottiert Wertpapiere von „Sin“-Unternehmen. Es entsteht ein Angebotsüberschuss; das wiederum führt zu einem Preisabschlag von „Sin“-Wertpapieren. Dies setzt voraus, dass „Sin“-Unternehmen im Vergleich zum Markt kein höheres unsystematisches Risiko, insbesondere Prozessrisiken, tragen. Die Hypothese ist auch gültig wenn der Preisabschlag aufgrund des Kaufboykotts höher ausfällt, als dies durch ein erhöhtes unsystematisches Risiko gerechtfertigt wäre.

Hypothese 5:

Negativ gescreente Portfolios erzielen eine geringere risikoadjustierte Rendite als der Markt. These fünf impliziert, dass „Sin“-Unternehmen riskanter sind als vergleichbare Unternehmen. Dieses Risiko wird von den Marktteilnehmern nicht antizipiert oder unterschätzt. Das hat zur Folge, dass „Sin“-Anleihen über ihrem wahren Wert gehandelt werden. Die risikoadjustierte Rendite steigt relativ zu konventionellen Unternehmen.

Portfoliobildung und Methodologie

Aus der Grundgesamtheit von Anleihen werden Portfolios nach dem Wert der einzelnen Nachhaltigkeitsratings („E“, „S“ und „G“) und deren Durchschnittswert („Total“) gebildet. Jedes Portfolio besteht aus Unterportfolios „High“ und „Low“. „High“ enthält alle Anleihen der Unternehmen, die zu den besten zehn Prozent der Grundgesamtheit gehören. „Low“ enthält die Anleihen der schlechtesten zehn Prozent. Die Portfoliobildung basierend auf den Branchenansatz folgt derselben Methodik. Doch statt der besten zehn Prozent der Grundgesamtheit, werden die besten („BIC“) bzw. schlechtesten zehn Prozent („WIC“) des Sektors gewählt.

Das „Sin“ Portfolio beinhaltet alle Anleihen von Unternehmen im Zusammenhang mit Alkohol, Glücksspiel, Kernenergie, Rüstung und Tabak. Das Portfolio „Negativ“ enthält alle Anleihen der Grundgesamtheit abzüglich dieser Anleihen. Zur Generierung des Portfolios „Negativ und Positiv“ werden zunächst alle Anleihen aus kontroversen Geschäftsfeldern eliminiert. Von den verbleibenden Anleihen werden alle Wertpapiere von Unternehmen, deren ESG-Durchschnittswertung zu den besten 10% gehört, in das Portfolio aufgenommen.

Alle Portfolios, die auf dem ESG-Rating basieren, bilden die „Inklusionsstrategie“. Diese wird im Falle hoher ESG-Ratings als „positiv“ und bei Portfolios mit negativen ESG-Rating als „negativ“ bezeichnet. Die Portfolios „Negativ“ und „Negativ & Positiv“ formen die „Exklusionsstrategie“.

Die Grundgesamtheit aller Anleihen (Markt), enthält über alle Jahre hinweg im Durchschnitt 2.316 Anleihen. Jedes der aus dem Portfolio „Markt“ generierten Unterportfolios ist gleichgewichtet und wird für die Dauer eines Jahres gehalten. Die Anzahl der Anleihen je Portfolio schwankt jährlich geringfügig; durchschnittlich umfasst jedes Portfolio jährlich 359 Anleihen. Jeweils zu Jahresanfang werden die Portfolios basierend auf den aktuellen ESG-Ratings neu geformt. Sollte kein aktuelles Rating vorliegen, wie in den Jahren 2009 und 2012, wird die Bewertung des letzten bzw. des künftigen Jahres verwendet.

Daten

Die Grundgesamtheit besteht aus den Anleihen des Barclays Capital U.S. Credit Index. Der Index enthält alle in den USA gehandelten Anleihen aus dem Unternehmens- und Nichtunternehmenssektor, die mindestens das Investment-Grade-Rating besitzen. Der Untersuchungszeitraum beginnt am 31. Dezember 2008 und endet am 31. Dezember 2012; das ergibt bei monatlichen Zeitreihen 48 Beobachtungen. Nach Beseitigung unvollständiger Zeitreihen, enthält die Grundgesamtheit jährlich durchschnittlich 2.316 Anleihen, darunter im Mittel 311 „Sin“-Anleihen. Eine vollständige Darstellung hierzu findet sich im Anhang.

Die ESG-Ratings wurden von der Firma Systainalytics bereitgestellt. Um die Nachhaltigkeitsleistung der Unternehmen adäquat bewerten zu können, wurden sowohl offizielle als auch inoffizielle Informationsquellen ausgewertet. Diese sind strengen Qualitätsanforderungen unterworfen. In die Endwertung gehen 60 bis 100 Sektor spezifisch gewichtete Einzelindikatoren ein. Die Zeitreihen der Anleihen des Barclays Credit Index wurden aus Bloomberg entnommen. Für den risikolosen Zins und der STOCK Variable wurden entsprechende Zeitreihen der Tuck School of Business (Fama/French Faktoren) verwendet. Die Benchmarkindizes der Faktoren „BOND“, „OPTION“ und „TERM“ stammen von Barclays.