Gastbeitrag von Patrick Tilemann

Den Wert eines Unternehmens bestimmenDie Bewertung einer Unternehmung ist von elementarer Bedeutung für viele  Adressaten. Die Bewertung von Banken stellt sich dabei als besonders schwierig dar. Im Gegensatz zu einer Unternehmung in der klassischen Realwirtschaft weist eine Bank üblicherweise nur wenige materielle Vermögensgegenstände auf und ist in vielen Feldern tätig. Die fundamentale Wichtigkeit der Daten wird deutlich, wenn man die Gruppen der Adressaten betrachtet. Interne Adressaten wie beispielsweise die Unternehmens-führung sind auf die Daten angewiesen, um Entscheidungen treffen zu können.  Externe Adressaten wie z. B. das Finanzamt benötigen die Daten, zum Erheben einer Steuer und auch Investoren benötigen die Daten für Investitionsentscheidungen benötigen. Man könnte meinen, der Wert der Unternehmung in der Finanzbranche lasse sich durch den Marktwert (Aktienwert) ermitteln, aber dieses Verfahren ist zu ungenau und spiegelt nur ungefähr den realen Wert der Unternehmung wider. Bei diesem Verfahren kann durch eine spekulative Blase oder durch Schocks der Wert der Bank stark verfälscht werden. Der Buchwert hingegen bildet nur den Subtanzwert des Unternehmens ab.

Mit dem Substanzwertverfahren ermittelt man den Wert der Unternehmung anhand der vorhandenen Substanz. Wichtigstes Instrument hierfür ist die Bilanz. Der Substanzwert ist nichts anderes, als die Geldmenge, die benötigt wird, um eine gleichartige Unternehmung zu gründen.

In Deutschland ist bei der Bewertung und Gewinnermittlung das HGB die  juristische Grundlage. Für Finanzinstitute gelten im speziellen noch die Vorschriften des § 340 HGB bis § 340 o HGB. So besagt § 340 i HGB „Kreditinstitute (…) haben unabhängig von ihrer Größe einen Konzernabschluss und einen Konzernlagebericht (…) aufzustellen.“ Der Konzernabschluss muss also eine Gewinn- und Verlustrechnung und einen Lagebericht nach den Vorschriften des § 340 c HGB enthalten.

Eine Besonderheit bildet der § 315 a HGB. Dieser verpflichtet Banken zusätzlich zum Jahresabschluss nach dem HGB zu einem Jahresabschluss nach den Maßgaben der internationalen Rechnungslegungsstandards zu erstellen. Sprich Banken müssen zwei Jahresabschlüsse erstellen. Unternehmen der Realwirtschaft haben hingegen ein Wahlrecht.

Ermittlung des Bankenwerts nach dem HGB

Für die Bilanz gelten Grundsätzlich für die Bewertung von Vermögensgegenständen die Vorschriften des § 252 HGB bis § 256 HGB, allerdings gelten auch die speziellen Vorschriften des § 340 e HGB. Die Zuordnung von Wertpapieren im Anlage- oder Umlaufvermögen ist nicht im Detail geregelt und lässt so Spielraum bei der Zuordnung der einzelnen Positionen.

Eine mögliche Zuordnung für das Anlagevermögen ist:

  • Beteiligungen
  • Anteile an verbundenen Unternehmen
  • immaterielle Anlagewerte
  • Sachanlagen
  • Finanzanlagen.

Für das Umlaufvermögen:

  • Handelsbestand
  • Forderungsvermögen
  • Wertpapiervermögen.

Besonders zu beachten ist, dass der Handelsbestand nach § 340 f HGB zum Fair-Value (Zeitwert) bilanziert wird und nicht nach dem Niederstwertprinzip, außerdem gilt  Wahlrecht, sodass Teile des Handelsbestands zur Reservebildung mit einem bis zu 4% niedrigeren Wert angsetzt werden können. So bilden sich stille Reserven. Des Weiteren besteht auch das Wahlrecht den niedrigeren Wertansatz beizubehalten. Nach § 340 g HGB dürfen Banken auch ohne besonderen Anlass Rücklagen gegen allgemeine Risiken bilden. §§340 f, 340 g HGB sind in Hinblick auf Bilanzmanipulation, Windows-Dressing und der Verschleierung aktuellen Geschäftslage kritisch zu betrachten.

Ermittlung des Bankenwerts nach dem IFRS

Das ErtragswertverfahrenDie internationalen Rechnungslegungsvorschriften sind Vorschriften für ein einheitliches Bilanzierungsverfahren der EU. Seit 2003 ist in Mitgliedsstaaten der Europäischen Union für Banken ein Jahresabschluss nach den IFRS verpflichtend aufzustellen, andere Unternehmen haben ein Wahlrecht.

Im Vergleich zum HGB bestehen die großen Unterschiede zum Bilanzierungsverfahren nach IFRS im Wesentlichen aus dem Hinzukommen einer Eigenkapitalveränderungs- und einer Kapitalflussrechnung im Jahresabschluss. Für die Bewertung von Vermögensgegenständen kann eine Neubewertung der Objekte zu unterschiedlichen Wertansätzen führen. Unterschiedliche Ansatzweisen bei der Umrechnung von Fremdwährungsforderungen und unterschiedliche Möglichkeiten zur Bildung von Rücklagen führen ebenfalls zu Unterschieden im Wertansatz.

Diese unterschiedlichen Bewertungsmethoden führten z. B. dazu, dass die Deutsche Bank 2010 durch Verlustvorträge vom Vorjahr nach dem HGB einen geringen steuerbaren Gewinn erwirtschaftet, während nach den IFRS ein hoher Gewinn ermittelt wurde. Der Steuersatz gemessen am Gewinn ermittelt nach den IFRS, betrug weniger wie 4%.

Ertragswertverfahren bei Banken

Das Ertragswertverfahren ist ein Modell, mit dem der Wert einer Unternehmung anhand der zukünftigen Erträge ermittelt wird. Man berechnet den voraussichtlichen Gewinn beziehungsweise Verlust mittels der Abzinsung, um so den Gewinn oder Verlust am Bilanzstichtag zu ermitteln. Dies lässt Rückschlüsse auf den zukünftigen Wert des Eigenkapitals und somit auch auf den zukünftigen Unternehmenswert zu.

Einkommensarten von Banken                                                      

Nach Tim Koller werden die Einkommensarten von Banken in vier Bereiche unterteilt. Als erster wird der Nettozinsertrag genannt. Dieser ist die traditionelle Einkommensart einer Bank und macht den größten Anteil am Gesamtertrag aus. Allerdings ist diese klassische Einkommensart prozentual gemessen an den anderen Ertragsarten rückläufig. Die Risiken sind überschaubar und der Cashflow ist gut vorhersehbar. Der Nettozinsertrag ergibt sich aus der Differenz zwischen Zinserträgen und Zinsaufwand. Zum Einkommen aus Zinserträgen zählen zum Beispiel erhaltene Zinsen aus vergebenen Krediten, Dispokreditzinsen und Zinsen aus der Kreditkartennutzung. Als Zinsaufwand wird der entrichtete Zins an die Geldgeber der Bank beschrieben.

Eine Besonderheit bilden hier die islamischen Banken. Diesen ist es nach der Scharia verboten Zinsen zu verlangen. Sie umgehen dieses Verbot, indem sie einen Kredit vergeben und der Kreditnehmer einen vorher festgelegten höheren Betrag zurückbezahlt.

Gebühren und Provisionen sind die zweite große Einkommensquelle des Bankenwesens. Der entgegenstehende Aufwand ist gering und im Zeitalter der Automatisierung sinken diese Kosten durch Personaleinsparungen weiter. Das Risiko ist auch bei dieser Einkommensart überschaubar und der Cashflow kann bedingt prognostiziert werden. Als Beispiele für Gebühren werden Transaktionskosten, Sicherheitsleistungen, Verwaltungsgebühren und Servicepauschalen genannt. Provisionen erhalten Banken hingegen für den Abschluss von Verträgen von Fremdanbietern oder allgemeiner formuliert für die Vermittlung einer Dienstleistung. Die Einkommensquelle macht bei den großen Investmentbanken etwa die Hälfte ihres Einkommens aus.

Das Handelseinkommen oder auch „Trading“-Einkommen ist für Investmentbanken der Haupteinkommensfaktor, aber auch für andere Banken nehmen die Relevanz und der Anteil an diesen Einkommensarten zu. Das Investitionsgeschäft ist sehr risikobehaftet und hoch volatil. Spätestens seit der letzten Wirtschaftskrise sind sich alle der Risiken bewusst. Gehandelt werden kann mit fast allem wie zum Beispiel mit Anleihen, Wertpapieren, Edelmetallen, Rohstoffen oder auch exotischeren Assets wie Credit Default Swaps oder forderungsbesicherte Wertpapieren. Grundsätzlich gilt, man kann nur 100% Verlust machen, aber unendlich viel Gewinn!

Weitere Einkommensquellen für Banken sind unter anderem auch die nicht klassischen Bankgeschäfte wie das Versicherungswesen, Grundstückshandel, Minderheitenbeteiligungen und Pensionskassen. Das Risiko ist so überschaubar wie der Anteil am Gesamteinkommen Diese Geschäfte bietet eine Bank nur am Rande an, um eine höhere Kundenbindung zu erreichen und Konkurrenten auf ihrem Haupteinkommensfeld zu bekämpfen.

Gewinnermittlung nach dem HGB und IFRS

Erträge sind ungleich Gewinn. Für die Ermittlung des Gewinns ergeben sich unterschiedliche Ansatzweisen aus den unterschiedlichen Rechnungslegungsstandards des HGB und IFRS. So kam es die letzten Jahre vor, dass die Commerzbank oder auch die Deutsche Bank nach den Bilanzierungsvorschriften es HGB Verluste machten und nach den IFRS hohe Gewinne erwirtschafteten. Somit ist der Begriff Gewinn nicht genau definiert und somit auch als wirtschaftliche Kennzahl eher unbrauchbar. Der Duden definiert den Gewinn als den „Überschuss über den Kostenaufwand“. Was nun schlussendlich der Kostenaufwand ist, wird nach den Rechnungslegungsstandards definiert. Möchte man den Gewinn einen Unternehmens über mehrere Perioden vergleichen, so ist zu beachten, dass immer einheitliche Rechnungslegungsstandards verwendet wurden.

Im zweiten Teil zur Bewertung einer Unternehmung wird es um die Anwendung des Discounted Cashflow Verfahrens gehen.