Die technische Analyse oder Chartanalyse fußt auf der Hypothese, dass sich Aktienkurse im Laufe der Geschichte immer wieder wiederholen und nach Trends verlaufen. Grund dafür sehen darin, dass Aktienkurse durch gesellschaftlichen Wandel und Ereignisse beeinflusst werden und diese mit wirtschaftlichen Methoden nicht messbar geschweige denn vorhersehbar sind. Da die Marktteilnehmer ihren Bewertungsüberlegungen treu bleiben, entstehen in den Kursen Chartformationen, die immer die gleiche Trendentwicklung zur Folge haben sollen. Die Anwender der technischen Analyse versuchen, diese Muster möglichst früh zu erkennen und ihr Aktienverhalten vor den anderen Marktteilnehmern (Kauf/ Verkauf) danach zu richten. Als wichtige Kursdarstellungsvarianten sind Balkenchart, Point- und Figurenchart, Candlestickchart und Linienchart zu nennen.

 

Trendbestimmungsmethoden und Signale

Um die Kursentwicklung zu prognostizieren, gibt es verschiedene Trendbestimmungsmethoden und Signale, die man als Anleger beachten sollte, um die richtige Anlageentscheidung zu treffen. Als wichtigste Methode ist die Dow-Theorie zu erwähnen, die vom Begründer der technischen Analyse und der Aktienindizes Charles H. Dow definiert wurde. Nach dieser Theorie verhalten sich Aktienkurse gemäß Aufwärts- und Abwärtstrends. Die Bestimmung der Trends erfolgt mittels einer Trendgeraden. Ein Abwärtstrend wird visualisiert, indem man die fallenden Zwischenhochs miteinander verbindet. Es handelt sich also um eine Folge fallender Hoch- und Tiefpunkte. Für Aufwärtstrends gilt das Analoge. Die Wahrscheinlichkeit eines Trends steigt nach der Theorie, je mehr Punkte miteinander verbunden werden. Das Ende eines Trends wird durch das Unterschreiten der Trendgeraden angezeigt, es folgt ein trend in die andere Richtung. Innerhalb eines Trends kann es auch zu kurzzeitigen Gegenbewegungen und geringen Einbrüchen, die noch im Rahmen des Trendes liegen, kommen. Diese Phasen nennt man Konsolidierungsphasen. Ein Trendkanal entsteht, wenn etwa während eines Aufwärtstrends zur inneren Trendgerade eine äußere, parallele Gerade gefunden wird. Dieser Zwischenraum kann die Möglichkeit zu Spekulationen geben.

Trendsignale – Durchschnittskurven

Aktienkurse studierenDen Eintritt eines Trends signalisieren gleitende Durchschnittskurven. Eine gleitende Durchschnittslinie bezeichnet das arithmetische Mittel einer bestimmten Kurszahl. Die Berechnung erfolgt gleitend. Als Folge dessen fallen kurzfristige Schwankungen nicht so sehr ins Gewicht, infolge dieser Glättung ist ein Trend leichter erkennbar. Ein Aufwärtstrend besteht so lange, wie der Tagesschlusskurs über der gleitenden Durchschnittskurve liegt und die Kurve weiterhin ansteigt. Der Trend hält an, bis die Durchschnittskurve überschritten wird. Bei einem Abwärtstrend verhält es sich umgekehrt. Bei weiter Entfernung von Kurs und Kurve spricht man von einer Unter- bzw. Übertreibung. In der Praxis verwendet man gleichzeitig eine kurzfristige und eine langfristige Durchschnittskurve, die durch ihr gegenseitiges Durchbrechen einen Trend bestätigen. Als langfristige Kurve wird die 200-Tage-Linie verwendet, als kurzfristige dient die 90- oder 100-Tage-Linie. Gleitende Durchschnittskurven mit 30, 50 und 200 Tagen Dauer werden in der Abbildung 1 mit der Bezeichnung SMA verdeutlicht. Diese Signale sind die einzigen, zu denen Studien geführt werden. Net Research veröffentlichte im Jahr 2004 eine Studie, in der 1500 Aktien des S&P 500 untersucht wurden. Nach dieser Studie war es in den vergangenen 75 Jahren immer der Fall, dass Kurse, die unter eine steigende 200-Tage-Linie fallen besser abschneiden als Kurse, die unter eine fallende Durchschnittslinie fallen. Das Durchbrechen einer Durchschnittslinie ist als Kaufsignal immer sinnvoll, egal, ob diese fällt oder steigt. So liegen die Kursgewinne beim Kauf zu diesem Zeitpunkt über einen Betrachtungszeitraum von 252 Tagen bei 17 Prozent. Wird der Kauf erst nach Durchbrechen der Linie getätigt, liegt der Zuwachs nur noch bei 6,3 Prozent.

(siehe hierzu: http://www.faz.net/aktuell/finanzen/fonds-mehr/charttechnik-welche-signale-die-200-tage-linie-wirklich-gibt-1177345.html).

 

Trendsignale – Chartbilder

Ein weiteres wichtiges Signal des Chartbilders.  Diese Muster stellen Trendbestätigung oder Trendumkehr dar. Zu den trendbestätigenden Formationen zählt die Dreiecksformation. Veranschaulicht wird diese Formation auch mit einer Sprungfeder verglichen, da der Kurs immer angespannter verläuft, bis er sich mit einem Sprung nach oben oder unten bewegt. Die bullishe Formation (das steigende Dreieck) weist auf einen Kursanstieg hin, wohingegen die bearhishe Formation (fallendes Dreieck) einen Abwärtstrend signalisiert. Eine Kursentwicklungsphase kann auch von einem symmetrischen Dreieck dargestellt werden, welches in einer Konsolidierungsphase auf die Wiederaufnahme des vorangegangenen Kurses deutet. Für die Bildung eines Dreiecks sind mindestens zwei Hochpunkte und zwei Tiefpunkte notwendig, die verbunden werden müssen.  Diese Formationsart bezieht sich auf einen mittelfristigen Zeitraum von 1-3 Monaten, wobei lediglich Tageskurse zu verwenden sind. Als Pendant zu den Formationen der Trendbestätigung gibt es auch solche für Trendwechsel, die als Umkehrformationen bezeichnet werden, da sie am Ende eines Aufwärts- oder Abwärtstrends liegen. Unter der M- oder der W-Formation, der Untertassen und V-Formation ost die Kopf-Schulter-Formation die bekannteste. Diese Formation besitzt drei Spitzen, wobei die mittlere -­ der Kopf -­ die höchste ist und die äußeren Spitzen auf relativ gleicher Höhe liegen (Das Äquivalent beim Abwärtstrend besitzt entsprechend Tiefpunkte). Die sogenannte Nackenlinien wird als Unterstützungslinie durch die Tiefpunkte zwischen den beiden Schultern gezogen, wie es in der Abbildung 1 (dunkelblaue Linie) erkennbar ist.

 schulter-kopf-schulter-formation
Http://www.finanz-seiten.com/aktien/charttechnik

 

Die Umsatzvolumina spielen hierbei eine wichtige Rolle, da die Spitzen allein durch hohes Umsatzvolumen gebildet werden. Sobald anzunehmen ist, dass die dritte Spitze ( 2. Schulter ) durch weniger Umsatz gebildet wird und infolgedessen niedriger wird, deutet dies bereits auf eine Trendumkehr hin. Bei Durchbrechen der Nackenlinie, ist die Formation vollendet.  Eventuell kann noch ein retardierendes Moment in Form eines kurzen Kursanstieges eintreten. Dieses Moment ist die letzte Chance des Verkaufs für die Anleger, da hiernach der Aufwärtstrend endgültig endet.

 

Kritik an der technischen Analyse

Die technische Aktienanalyse hat viele Gegner und dementsprechend gibt es zahlreiche Kritik. Da die technische Analyse auf rein heuristischen Methoden beruht und wirtschaftliche Einflüsse in keiner Weise einbezieht, gilt diese Methode als unsicher und fragwürdig. Auch wenn Techniker jeden Trend erkennen und identifizieren wollen, scheinen formationsfreie Kurse unter den Tisch gekehrt zu werden und es wird nicht erwähnt, wieviel Wartezeit bis zum nächsten erkannten Trend vergeht.

Auch das Zustandekommen der Formationen scheint unverständlich, wenn man bedenkt, dass allein Dreiecksformationen lediglich vierer Wendepunkte bedürfen. Diese Punkte können sogar während einer Konsolidierungsphase gefunden werden und hierin -­ gemäß der technischen Analyse -­ einen Trend sehen. Außerdem werden Formationen selbst von geübten Technikern nicht allzu oft gefunden und des Weiteren auf Interpretation beruhen. Die Interpretation von Kursverläufen kann sehr unterschiedlich ausfallen und je nachdem ganz unterschiedliche Schlüsse hinsichtlich eines Trends zur Folge haben. Als Vertreter einer sich wiederholenden Kurshistorie attestieren die Techniker der Gesellschaft ein konventionelles Denken und eine mangelnde Bereitschaft zur Weiterentwicklung. Diese Einstellung ist gerade in Zeiten der Globalisierung, in der in allen Nationen ein dynamischer Wandel stattfindet, äußerst fragwürdig. Dennoch sind die Techniker der Ansicht,  dass sich gesellschaftliche Einflüsse und Veränderungen in ihren Chartformationen wiederfinden.

Paradoxerweise versuchen recht wenig Menschen, über die technische Aktienanalyse Anlagen zu vertreiben, obgleich diese Gewinne ohne großen Aufwand verspricht.  Dies lässt sich möglicherweise mit der Antwort auf die Frage, warum es keine Studien zur Chartanalyse als stichhaltige Prognosemethodik gibt, beantworten: Das Lesen der Formationen ist sehr schwierig und kaum objektiv, da häufig viele der Formationen gegeneinander laufen und es folglich einen großen Interpretationsspielraum gibt. Dies scheint wenig befriedigend, da sich nun die Frage aufdrängt, ob die Chartanalyse überhaupt richtig gelesen werden kann oder dadurch generierter Gewinn nur zufällig erzielt wird.

Ein weiterer Kritikpunkt ist der Umstand, dass auf dieser Methode basierende eigenständig arbeitende Computerprogramme ungelernten Anlegern teils fragwürdige Anlageentscheidungen nahelegen, indem die Programme Trends erkennen und daraus resultierende Kaufsignale geben. Diese Analyse muss somit fehleranfällig sein, da sonst jeder Marktteilnehmer diese Programme nutzen würde.  Auch von Seiten der Fundamentalanalytiker kam hierzu Kritik, da die technischen Computerprogramme zu einer Abkehr ihrer Anlagemethode geführt haben. Dieser Trend jedoch, scheint sich gewandelt zu haben und die fundamentale Analyse findet mehr und mehr Anhänger, da sie auf komplementäre Weise funktioniert und Erfolg verspricht.